The New Machine-Age of Distinction – Wie sieht der Arbeitsmarkt der Zukunft aus?

The Future is now. Unsere Welt steht durch die unmittelbar bevorstehende vollständige Digitalisierung vor der vielleicht größten und sicherlich schnellsten Veränderung seit Bestehen der Menschheit. Der Futurist Gerd Leonhard ist der Ansicht, dass  sich die Gesellschaft in den nächsten 20 Jahren stärker verändern wird, als in den  letzten 300 Jahren.

Der Zukunftsforscher Thomas Frey erwartet, dass durch den technologischen Fortschritt bis 2030 ungefähr 50 Prozent aller Arbeitsplätze – etwa 2 Milliarden weltweit – verschwinden werden. Eine Studie der Oxford Universität unterstreicht, dass der Arbeitsplatzverlust regional abhängig ist und in 20 Jahren zwischen 45-60 Prozent der heutigen Arbeitsplätze durch den Einsatz von Technologien oder Computern ersetzt werden.

Für Deutschland bedeutet dies nach einer Studie der Bank Ing-DIBA, dass 50 Prozent der Jobs (ca. 18 Millionen Arbeitsplätze) in der Bundesrepublik durch den Einsatz von Robotern und anderen Technologien wegfallen werden.

Wenn die aktuelle Fluktuationsrate bestehen bleibt, werden der Innovationsberatung Innosight zufolge, 75 Prozent der Unternehmen, die im aktuellen Standard and Poor’s 500 aufgeführt werden, im Jahr 2027 nicht mehr im Index stehen.

Auf der anderen Seite werden laut der bereits oben aufgeführten Oxford Studie je nach Region in 20 Jahren 50-70 Prozent der Arbeitsplätze mit Jobprofilen besetzt werden, die heute noch nicht existieren.

Ob diese Entwicklung  wirklich so drastisch verläuft, ist natürlich schwierig vorherzusagen. Die Prognosen werden von einigen Kritikern als übertrieben bezeichnet, doch ist es für zukünftige Arbeitnehmer und zukunftsorientierte Unternehmen unumgänglich sich mit der zukünftigen Berufswelt zu befassen.

Insoweit müssen sich Eltern von Kindern ab dem Grundschulalter über die Berufswelt von morgen informieren. Nur so können sie in Ansätzen erahnen, wie unsere Gesellschaft und die Arbeitsplätze in 15 bis 20 Jahren aussehen werden.

Die Zukunft ist jedenfalls näher als Sie denken. Die Periode der nächsten 20 Jahre wird auch als das „Neue Maschinen Zeitalter“ (The New Maschine Age) bezeichnet.

Nach dem Mooreschen Gesetz findet durchschnittlich alle 18 Monate die Verdoppelung komplexer Rechenoperationen statt. In den nächsten 20 Jahren werden sich die bestehenden Kapazitäten also ca. elfmal verdoppeln. Durch diese exponentielle Verbesserung der Rechenkraft stehen wir unmittelbar vor erheblichen Veränderungen, die nur sehr schwer vorstellbar sind, da unser Gehirn linear denkt.

Natürlich kann niemand die konkrete Zukunft voraussagen, allerdings zeichnen sich einige Trends bereits jetzt ab:

Durch neue Prozesse in der Automatisierung werden Maschinen intelligent (smart).  So arbeiten beispielsweise bereits verschiedene Unternehmen an selbstfahrenden Autos und LKW. Logistische Abläufe werden zukünftig nur noch bei Bedarf abgerufen und dann überwiegend automatisiert ablaufen. Körperlich schwere, gesundheitsgefährdende und einfache technische Aufgaben werden abnehmen und überwiegend von Algorithmen, Maschinen und Computern gesteuert.

Im Zuge der Digitalisierung wird durch smarte Geräte beispielsweise die papierverwaltete Aktenführung nahezu vollständig abnehmen. Es ist davon auszugehen, dass jedes technische Produkt, dessen Anschaffungspreis über 80 Euro liegt, im Sinne der Hyper-Connectivity vernetzt sein wird. Durch die Vernetzung wird eine Hyper-Effizienz entstehen. Der Einzelhandel und Dienstleistungen verlagern sich ins Internet. Nach Marc Andreessen werden bald alle Produkte wichtiger Wirtschafts- und Industriezweige software-basiert oder als Online-Service angeboten. Disruptive, digitale Innovationen werden große Player um ihre Marktmacht bringen.

Das verfügbare Wissen verdoppelt sich derzeit mithilfe digitaler Prozesse alle zwei Jahre. Im Jahr 2050 wird sich das Wissen sogar jeden Tag verdoppeln. Da es keine „natürliche Verknappung“ von Wissen mehr geben wird und es in Millisekunden überall abgerufen werden kann, hat es kaum noch einen Wert und wird nur noch selten bezahlt werden.

Daten sind der neue Werttreiber der Zukunft; 90 Prozent der Daten auf der Welt sind erst in den letzten zwei Jahren erschaffen worden.

Das Leben und die Kommunikation der Zukunft läuft unmittelbar in Echtzeit ab.

Im Zuge einer De-Industriealisierung wird die Wertschöpfung nicht mehr vorrangig in der Industrie stattfinden. Hardware wird zukünftig individuell, je nach den Anforderungen der Nutzer, konfiguriert werden. 3D-Drucker können in Zukunft auch im Hausgebrauch Gegenstände aus gemischten Materialien wie Metall, Glas, Plastik und Keramik herstellen. Der Energiemarkt wird umgestaltet, da herkömmliche, fossile Energieträger durch Erneuerbare Energien ersetzt werden, die zudem dezentral erzeugt werden.

Auch die effizientere Nutzung von Rohstoffen (Produkten) durch die Sharing Economy führt zur Verringerung der industriellen Produktion.

Es wird eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Arbeitsorte stattfinden. Jeder zweite „Arbeitnehmer“ der Zukunft wird selbständig arbeiten, daher werden sie häufig als „Digitale Nomaden“ bezeichnet.

Nur noch 50 Prozent aller Arbeitnehmer werden einen festen Arbeitsplatz haben. Bereits heute schafft beispielsweise das Unternehmen SAP unter dem Motto „Chill your life“ eine völlig neue und sehr flexible Arbeitsumgebung.

Da die Produktivität zunimmt, werden alle Arbeitnehmer mehr Freizeit haben. Auch im privaten Leben wird die Automatisierung dem Individuum einen Großteil der alltäglichen Aufgaben abnehmen, die körperliche Aktivität erforderlich machen, sei es Putzen, Einkaufen oder der Gang zur Post. Aufgrund der fehlenden Bewegung werden Sport- und Freizeitangebote stärker nachgefragt.

Eigentum wird unwichtiger und durch Besitz (die tatsächliche physische Verfügungsmacht) ersetzt. Im Vordergrund steht die Nutzungsmöglichkeit der Gegenstände. Das Angebot von Car-Sharing-Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung, das Teilen von Wohnungen auf Plattformen wie Airbnb oder das Tauschen gebrauchter Kleidung sind bereits heute gängige Konsumformen.

Was kann aus diesen Trends für die Arbeitswelt der Zukunft abgeleitet werden?

Der gesamte stationäre Handel, Banken, Versicherungen, die Bereiche Transport, Lagerung und Logistik, aber auch öffentliche und private Verwaltungen werden allein in Deutschland viele hunderttausend Arbeitsplätze verlieren. Des Weiteren werden auch die Arbeitsplätze in der Dienstleistungsbranche, die durch die seit Ende der 70er Jahre anhaltende De-Industrialisierung wichtiger wurde, unter Druck geraten.

Die größten Schwierigkeiten einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden, werden geringqualifizierte Arbeitnehmer wie Taxi- oder LKW-Fahrer, Produktionsmitarbeiter, Einzelhandelsverkäufer, Fabrikarbeiter und Büroassistenten haben.

Da sich die Devices, also insbesondere auch die Automobile der Zukunft vernetzen werden und miteinander kommunizieren, wird es praktisch keine Unfälle mehr geben. Dies hat zur Folge, dass Reparaturwerkstätten und deren Arbeitsplätze nach und nach verschwinden werden.

Aktuell wird aufgrund des demografischen Wandels ein großer Bedarf an Arbeitsplätzen in der Pflege von alten Menschen prognostiziert. Doch auch dieser als zukunftsträchtig angesehene Bereich kann wegfallen. Beispielsweise forscht Japan, dessen Gesellschaft sich ähnlichen Herausforderungen der Überalterung gegenüber sieht wie Deutschland, mit großem Nachdruck an Robotern, die als vollwertiges Pflegepersonal eingesetzt werden sollen. Die Roboter dienen bereits jetzt als Kommunikationsmittel via Videotelefonie zwischen gepflegter Person und deren Angehörigen. Zudem übernehmen sie leichte pflegerische Aufgaben wie das Reichen von Essen, Unterstützung beim Anziehen oder der Fortbewegung. Aufgrund der hohen Investitionen in diesem Bereich ist zu erwarten, dass in kurzer Zeit erhebliche Fortschritte gemacht werden.

Verglichen mit geringqualifizierten Arbeitskräften haben die sogenannten „Smart Workers“ gute Berufsaussichten. Studierte werden insgesamt weniger Probleme haben, einen Arbeitsplatz im Jahre 2030 zu finden. Auch bei ihnen wird der einfachere Teil der Arbeit, der etwa ein Drittel der Arbeitszeit ausmacht, durch den Einsatz technologischer Entwicklungen wegfallen.

Die Kopf-Arbeiter haben bisher hauptsächlich mit der linken Gehirnhälfte gearbeitet, d.h. analytisch, mathematisch und logisch. Da diese Arbeiten zukünftig überwiegend durch technische Lösungen ersetzt werden, wird es auch für gängige Berufe wie Bankkaufmann, Buchhalter, Finanz-Analyst, Steuerberater und Versicherungsvertreter zukünftig eng werden.

Die Arbeit mit der rechten Gehirnhälfte wird zukünftig die primäre Aufgabe von Arbeitnehmern sein, da deren Leistung von Computern schwieriger nachzuahmen ist. Das bedeutet, dass es bei den Jobs der Zukunft darauf ankommen wird Eigenschaften wie Intuition, Empathie, Intropathie, Kreativität, Zwischen-den-Zeilen-lesen-können Vorstellungs- und Verhandlungskraft, anzuwenden und Geheimnisse bewahren zu können, etwas aufbauen zu können und Sinn zu schaffen.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass ein Bankangestellter mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent in den nächsten 20 Jahren durch einen Computer bzw. Algorithmus ersetzt wird. Im Internet gibt es mittlerweile Datenbanken wie Will Your Job Be Done By A Machine?, die errechnen mit welcher Wahrscheinlichkeit der eigene Arbeitsplatz in der Zukunft noch zur Verfügung stehen wird.

Es werden ganz neue Arbeitsplatzprofile entstehen. Viele der neuen Jobs können wir uns heute noch nicht vorstellen. Neue, bereits existierende Berufsbilder, sind zum Beispiel der Feel-Good-Manager, Data-Scientist, Digital-Manager, Privacy Engineer, Netnography Manager, Transformation Officer und Disruptive Officer.

Für die neuen Arbeitsplätze werden auch neue Studienfächer entwickelt werden müssen.

Ein Ingenieur der bereits vor nur wenigen Jahren sein Studium beendet hat, hat in seiner Zeit an der Hochschule nichts über die neuen Potentiale des 3D-Drucks, gelernt.

Unsere heutigen Studienprogramme werden sich daher radikal verändern. Derzeit findet ein Wechsel von reinen (auswendig-) Lernen-und-Abfragen-Methoden zur konkreten Anwendung statt. Der Hintergrund für diesen Wandel ist, dass die Verfügbarkeit des Wissens kein Problem mehr darstellt. Durch die digitalen Medien gibt es keine „natürliche Verknappung“ des Wissens mehr. In Millisekunden steht umfassenderes Wissen zur Verfügung als selbst der klügste Mensch es vorhalten könnte.

Der Mensch ist aber nach wie vor nicht ersetzbar in der Anwendung des Wissens. Das Beispiel des Arztberufes zeigt, dass die Digitalisierung den Menschen zunächst nur unterstützend zur Seite stehen wird. Ein Patient wird beispielsweise bereits in zehn Jahren im Krankenwagen an ein Gerät angeschlossen, das alle Vitalfunktionen scannt, alle Blut- und Hormonwerte, Temperatur usw. erfasst und aufgrund von Wahrscheinlichkeiten aus hunderttausend oder sogar Millionen vorheriger Diagnosen Vorschläge für die Therapie geben wird. Dies kann die Behandlung des Patienten erheblich verbessern, letztlich wird aber der Arzt selbst entscheiden wie der Patient zu behandeln.

Menschen werden möglicherweise auch vermehrt Zusatzeinkommen ohne körperliche oder geistige Arbeit erzielen. Ein Beispiel hierfür ist die Sharing Economy, die das Vermieten des eigenen Automobils, der eigenen Wohnung oder das Verkaufen und Tauschen gebrauchter Dinge über Online-Plattformen und Marketplaces wie Uber, Airbnb, Upwork, Thumbtrack und ETSY, ermöglicht.

Obwohl die beschriebenen Szenarien Trends sind und sich nicht 100-prozentig vorhersagen lassen, sollten sich Eltern dennoch mit die Arbeitswelt der Zukunft auseinandersetzten, um erahnen zu können, wie die Arbeitsplätze ihrer Kinder – aber auch die eigenen! – einmal aussehen könnten.